Organtransplantationen gelten in Japan bis heute als kulturell und religiös umstritten: Die Grenze zwischen Körper und Seele, zwischen Tod und Weiterleben, bleibt heikel. Naomi Kawase, immer eine Filmemacherin, die Spiritualität und Körperlichkeit ineinanderfließen lässt, widmet diesem Tabu ihr erstes Spielfilmprojekt seit fünf Jahren. „Yakushima’s Illusion" erzählt von der französischen Herzchirurgin Corry, die in einem High-Tech-Krankenhaus in Kobe arbeitet und dort von Kollegen und Patienten auf großen Widerstand gegen Organtransplantationen stößt. Corry, die einst auf der Insel Yakushima einem Fotografen begegnete, der spurlos verschwand, wird von heftigen Verlustängsten geplagt. Ist er tot, oder „verdampft" wie die sogenannten Johatsu? Naomi Kawase antwortet mit poetischen Bildern aus uralten Bäumen, nebelverhangenen Hügeln, Lichtspielen zwischen Natur und Klinik, Geburt und Tod. Formal bleibt „Yakushima’s Illusion" dem flirrenden Kawase-Kosmos treu, erinnert in seinem aufklärerischen Gestus und dem Verschränken der medizinischen Kontroverse mit der persönlichen Geschichte an ihr Meisterwerk „Kirschblüten und rote Bohnen". Vicky Krieps spielt Corry mit leiser Präsenz und ist eine ideale Partnerin für Kawases Kino, das zwischen Mystik und Empirie oszilliert. Die Luxemburgerin trägt das melodramatische Geflecht – zwischen Kinderherzchirurgie, Liebesverlust und philosophischen Fragen nach Identität – mit stiller Würde, die nie ins Sentiment kippt. So entsteht ein Werk, das Organspende nicht nur medizinisch, sondern auch spirituell neu denkt.
Berlin Premiere Regie: Naomi Kawase Drehbuch: Naomi Kawase Länge: 122 min. Sprache: japanisch englisch französische OF / englische UT Produktionsland: Frankreich, Japan, Belgien, Luxemburg Produktion: Cinéfrance Studios, Kumie Inc., Tarantula, Viktoria Productions, LabMarignan Films Cast: Vicky Krieps, Kanichiro Festivals: Locarno, Rio, Mannheim

