Sho Miyake gehört zu den stillen Zauberern des Gegenwartskinos. Schon in Filmen wie „Small, Slow but Steady" entwickelte er eine Handschrift, die man als Kino „der neuen Schüchternheit" beschreiben könnte: zarte Beobachtungen, tastende Gesten, Figuren, die in der Stille eine Würde finden, die dem lauter werdenden Kino oft fehlt. Wie heilsam und verträumt-philosophisch diese Haltung wirkt, zeigt sein neuer Film „Two Seasons, Two Strangers". Der auf einem Manga basierende Film erzählt von zwei Begegnungen – im Sommer und im Winter. Am Strand treffen sich ein Mann und eine Frau, beide verunsichert, beide aus der Bahn geworfen. Doch es bleibt ein flüchtiger Moment – Figuren, die nur im Drehbuch existieren, das Lee, eine koreanische Autorin in Japan, zu schreiben versucht. Im zweiten Teil zieht sich Lee in die verschneite Provinz zurück, begegnet einem kauzigen Vermieter – wieder bestimmen Schweigen und Distanz das Zwischenmenschliche. Doch im Schnee und eisiger Stille entsteht Vertrauen: eine Sprache, die zum Schreiben befähigt. Dazwischen eine wundervolle Episode mit Koikarpfen – vielleicht das schüchternste Kinoabenteuer des Jahres. Dass Miyake damit den Goldenen Leoparden von Locarno gewann, ist nicht nur eine Sensation, sondern auch ein Versprechen: Dieses Kino der Zurückhaltung ist im Zentrum des Weltkinos angekommen.
Berlin Premiere OT: Tabi to Hibi Regie: Sho Miyake Länge: 89 min. Sprache: japanisch koreanische OF / englische UT Produktionsland: Japan Drehbuch: Sho Miyake, nach dem Manga Mr. Ben and his Igloo, A View of the Seaside von Yoshiharu Tsug Produktion: The Fool, Bitters End, Culture Entertainment, Sedic International Cast: Eun Kyung Shim, Yuumi Kawai, Mansaku Takada, Shiro Sano, Shinichi Tsutsumi Festivals: Locarno, Hamburg, Reykjavik, Busan, San Sebastián Preise: Locarno Goldener Leopard und Junior Jury Award
BERLIN
Fr 05.12. - 18.00 Uhr
Neues Off
Kino in der Kulturbrauerei, Saal 5
Sa 06.12. - 20.00 Uhr

