Lav Diaz, die singuläre Stimme des philippinischen Autorenkinos, ist der radikale Chronist seines Landes – ein Meister der Zeitdehnung, der gerne zehn Stunden und mehr braucht, um Schuld und Kolonialgeschichte zu verhandeln. Mit „Magellan" überrascht er nun mit etwas, das man fast einen Blockbuster nennen könnte: Farbe statt Schwarzweiß, 160 Minuten statt zwölf Stunden und mit Gael García Bernal erstmals ein internationaler Star in der Hauptrolle. Aber statt eines heroischen Biopics entwirft Diaz eine schonungslose Dekonstruktion des historischen Kolonialherren. Die Kamera zeigt Ferdinand Magellan meist aus Distanz, als Figur unter Naturmächten, während die eigentliche Perspektive dem kolonisierten Blick gehört: Enrique, ein malaiischer Sklave, wird zum Spiegelbild gebrochener Identitäten im Zeitalter der „Entdeckungen". Diaz interessiert weniger der Triumph der Seefahrt als die Verwüstung, die sie hinterlässt – Massaker, Zwangsmissionierung, entwurzelte Körper. Formal bleibt er sich treu: lange, unbewegte Tableaux in erdigen Farben, das Knarren der Galeeren, das Rauschen des Windes. „Magellan" feierte seine Weltpremiere in der Reihe „Cannes Premiere" und schlägt eine Brücke zwischen radikalem Slow Cinema und internationalem Arthouse. Dass Diaz den Film ausgerechnet jetzt drehte, in Zeiten imperialer Ambitionen der Weltmächte, macht ihn noch brisanter: ein monumentales Werk über Kolonialismus und Gewalt – und zugleich unverwechselbares Lav-Diaz-Kino. Kein Wunder, dass die Philippinen ihn als Oscar-Kandidaten einreichen.
Berlin Premiere OT: Magalhães Regie: Lav Diaz Drehbuch: Lav Diaz Kamera: Artur Tort, Lav Diaz Länge: 164min. Sprache: französisch portugiesisch spanisch tagalog OF / englische UT Produktionsland: Frankreich, Philippinen, Portugal, Spanien, Taiwan Produktion: Rosa Filmes, Andergraun Films Albert Serra , Black Cap Pictures, El Viaje Films, Volos Films, T Cast: Gael García Bernal, Ângela Azevedo, Amado Arjay Babon, Ronnie Lazaro, Hazel Orencio Festivals: Cannes, Sydney, Jerusalem, New Zealand, Toronto, Busan, Helsini, Jakarta, Rio, New York, AFI

