Der Sieg in der Reihe „Un Certain Regard" in Cannes ist oft ein Versprechen: auf ein Kino, das eigensinnig, trotzig und überraschend ist. Der chilenische Regisseur Diego Céspedes, gerade 30 Jahre alt, löst dieses Versprechen mit einem Debüt ein, das in Cannes alle verblüffte. „The Mysterious Gaze of the Flamingo" spielt 1982 im Norden Chiles, in einer staubigen Bergarbeitersiedlung, die wirkt wie ein postapokalyptischer Außenposten. Hier wächst die elfjährige Lidia auf, umgeben von einer queer gelebten Wahlfamilie – und konfrontiert mit einer mysteriösen Plage, die angeblich von den Blicken dieser Gemeinschaft ausgeht. Auch der titelgebende Flamingo, ein exzentrisches Mitglied der Familie, steht im Zentrum der Anfeindungen durch die Bergleute. Céspedes verschränkt Coming-of-Age mit Western-Ikonografie – und macht den „Blick" zum zentralen Thema. Der Blick ist hier Instrument der Macht, Waffe, Quelle von Sichtbarkeit und Stigmatisierung. So entsteht eine Metapher für den Kampf um Anerkennung und für die Gewalt des Wegschauens. Formal pendelt der Film zwischen rauer Sozialstudie und zarter Intimität. „The Mysterious Gaze of the Flamingo" trägt die Handschrift eines Regisseurs, der Bild und Allegorie meisterhaft verbindet und schon in seinem Debüt eine eigene Sprache findet. Vielleicht wächst hier tatsächlich ein neuer Liebling des internationalen Autorenkinos heran – dessen geheimnisvollem Blick man sich kaum entziehen kann.
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Berlin Premiere OT: La Misteriosa Mirada del Flamenco Regie: Diego Céspedes Drehbuch: Diego Céspedes Länge: 104 min. Sprache: spanische OF / englische UT Produktionsland: Frankreich, Deutschland, Chile, Spanien, Belgien Produktion: Les Valseurs, Weydemann Bros., Quijote Films, Irusoin, Wrongmen Cast: Tamara Cortés, Matías Catalán, Paula Dinamarca, Luis Dubó Deutscher Verleih: Filmreederei Festivals: Cannes, Melbourne, Toronto, Bangkok, Rio, Athen, Leiden, Chicago Preise: Cannes Un Certain Regard Hauptpreis, San Sebastián, Lima, Brüssel

