Es gibt Dichter, die ihr ganzes Leben in ihre Verse übertragen – und es gibt Poeten, die im eigenen Versmaß steckenbleiben. Oscar Restrepo (Ubeimar Ríos) gehört zur zweiten Sorte. Vor Jahrzehnten veröffentlichte er einen schmalen Gedichtband, den niemand gelesen hat. Keine Karriere, dafür viel Alkohol und ein erniedrigender Alltag als Lehrer. Doch dann tritt Yurlady in sein Leben, eine junge Frau aus den Slums von Medellín, deren Gedichte wie selbstverständlich aus ihr herausfließen. Ihre Sprache ist unmittelbar, frisch, ungeschützt. Oscar sieht in ihr eine Projektionsfläche für den Ruhm, den er selbst nie hatte – doch seine Unterstützung kippt schnell in etwas Besitzergreifendes. Der Kolumbianer Simón Mesa Soto erzählt diese Begegnung als Tragikomödie, die erstaunliche Wahrheiten ans Licht fördert. Gedreht auf 16mm, trägt der Film die grobe Textur einer Welt, die kein Ornament mehr kennt – nur das harte Aufeinandertreffen von Ambition und Scheitern. Es ist ein Kino der Reibung, nervös, durchzogen von schmerzhaftem Humor und einer Melancholie, die an das Ende einer Epoche erinnert: jene Zeit, in der Poesie noch Männerdomäne war. „A Poet" nimmt ironisch Abschied davon – und überlässt die Bühne jenen Stimmen, die noch etwas zu sagen haben. Koproduktion mit Deutschland (Ma.ja.de Fiction) und Schweden. In Cannes gab es dafür den Jurypreis in der Sektion Un Certain Regard. Beim Filmfest München den CineCoPro Award.